Grenzglück pur im Fahrradsattel – EUREGIO-Kolumne „Grenzglück“

Von Martin Borck

Setzt mich aufs Fahrrad – und ich erlebe Grenzglück pur. Ich genieße es, mir beim In-die-Pedale-Treten den Wind um die Nase wehen zu lassen. Die meisten meiner Besorgungen erledige ich mit dem Rad, und als Ausgleich für meine meist sitzenden Tätigkeiten schwinge ich mich gerne in den Sattel und unternehme Fahrten in die Umgebung.

Unser EUREGIO-Gebiet eignet sich ja hervorragend für Touren. Der niederländische Teil hat, was die Infrastruktur angeht, dabei die Nase vorn: (Schnell-)Radwege, die meist von den sonstigen Verkehrswegen entkoppelt sind, die gut in Schuss sind – und sicher. Kreuzungen und Kreisverkehre berücksichtigen die Bedürfnisse von Fietsern, und die niederländischen Autofahrer rechnen mit der Anwesenheit von Radlern im Straßenverkehr. So lernen Fahranfänger den „holländischen Griff“: Sie öffnen die Fahrertür des Autos mit der rechten Hand. Dadurch dreht sich der Kopf automatisch nach links, und der Fahrer bemerkt eventuell passierende Radfahrer besser – was schmerzhafte Kollisionen von Radlern mit sich öffnenden Autotüren vermeiden hilft.

Auf deutscher Seite der EUREGIO lässt sich auf Pättkes ebenfalls gut radeln, auch wenn meiner Ansicht nach Nachholbedarf beim Anlegen und in der Ausstattung von Radwegen besteht. Dabei wären Verbesserungen oft mit einfachen Mitteln zu realisieren. Man könnte sich vieles von den Niederländern abgucken. Wie es ja schon beim Knotenpunktsystem der Fall war, das das Radfahren zu Erholungszwecken revolutioniert hat.

Man merkt als Pedalritter schnell, in welchem Land man sich befindet. Nicht nur wegen der Radwegequalität. Ein eindeutiges Indiz dafür, dass man sich in den Niederlanden aufhält, ist die Tatsache, dass kaum ein Einheimischer einen Fahrradhelm trägt, von Rennrad- und Mountainbike-Fahrern mal abgesehen. „Nee“, las ich mal die Aussage einer Frau aus Oldenzaal, Helm tragen würde sie nicht. „Dann könnte man mich ja für eine Deutsche halten.“

Stimmt: Deutsche – vor allem Menschen älteren Semesters – tragen mittlerweile überwiegend einen Kopfschutz. Und sie tun meines Erachtens gut daran. Denn Unfälle und Zusammenstöße sind auch in den Niederlanden schnell passiert, trotz des fahrradfreundlicheren Umfelds. 2024 kamen 246 Radfahrer ums Leben – über 36 Prozent der im niederländischen Straßenverkehr Getöteten waren somit Radfahrer. Und 60 Prozent der Opfer starben wegen Kopfverletzungen als Hauptursache, berichtet die Statistikbehörde CBS. In Deutschland (fast fünfmal so viele Einwohner) kamen im selben Jahr laut Statistik 441 Menschen auf Fahrrädern bei Verkehrsunfällen ums Leben, das waren 16 Prozent aller im Straßenverkehr Getöteten. Auch hier waren Kopfverletzungen Hauptursache für den Tod. In beiden Ländern stieg die Anzahl der getöteten Radfahrer im Vergleich zu 2014: in Deutschland um 11,4 Prozent, in den Niederlanden gar um 32,4 Prozent. Der E-Bike-Boom dürfte bei dem Anstieg eine Rolle gespielt haben.

Selbst wenn man berücksichtigt, dass in den Niederlanden deutlich mehr Menschen mit dem Rad unterwegs sind (2019 laut Statistik 61 Prozent der Bevölkerung gegenüber 34 Prozent in Deutschland), die zudem längere Strecken zurücklegen, bleibt der Anteil der getöteten Radfahrer in den Niederlanden relativ hoch. Einen Helm zu tragen, kann Leben retten. Auch wenn man dann deutsch aussieht …

Das Knotenpunktsystem führt Radfahrer auch durch wunderschöne Landschaften wie Buurserzand in Haaksbergen. © Martin Borck