Die Niederlande in Münster – EUREGIO-Kolumne ‘Grenzglück’

Von Prof. Dr. Gert-Jan Hospers

Viele Niederländerinnen und Niederländer assoziieren Münster mit dem Weihnachtsmarkt. In der Adventszeit besuchen Busladungen voll Touristen aus dem ganzen Land die westfälische Metropole. Im Zentrum ist dann überall Niederländisch auf den Straßen zu hören. Und das ganze Jahr hindurch erinnern zahllose Hollandräder – von Gazelle bis Swapfiets – daran, dass die Grenze sehr nah ist. Es gibt jedoch viel mehr, was die Niederlande und Münster verbindet.

Denn faktisch ist die Stadt der Geburtsort der Niederlande: Mit dem Frieden von Münster endete im Jahr 1648 der Achtzigjährige Krieg mit Spanien und führte zur niederländischen Unabhängigkeit. Davon zeugt der monumentale Friedenssaal am Prinzipalmarkt. Und auch die St. Lambertikirche hat einen niederländischen Touch: Am Kirchturm hängen noch immer jene eisernen Käfige, in denen damals die Leichen des Wiedertäufers Jan van Leiden und zwei seiner Kumpanen als moralische Belehrung und öffentliche Unterhaltung zur Schau gestellt wurden. Van Leiden war Anführer einer Sekte, die Münster für eine kurze Zeit regierte. Seine Schreckensherrschaft endete mit der Einnahme der Stadt durch Bischof Franz von Waldeck, der den niederländischen Sektenführer 1536 hinrichten ließ.

Nicht weit von der St. Lambertikirche entfernt, befindet sich das Krameramtshaus. Darin ist seit 1995 das Haus der Niederlande untergebracht, der Ort in Deutschland schlechthin, wenn es um die „niederen Lande“ und deren Sprache und Kultur geht. Im Gebäude untergebracht sind das Zentrum für Niederlande-Studien und das Institut für Niederländische Philologie, genauso wie eine Bibliothek, die die größte Sammlung niederländischsprachiger Werke im deutschen Sprachraum beherbergt. Im LWL-Museum für Kunst und Kultur am Domplatz hängen viele Werke niederländischer Künstler. Für arglose Besucherinnen und Besucher weniger auffällig, dafür umso wichtiger, ist das I. Deutsch-Niederländische Corps, nur einen Steinwurf vom Schloss Münster entfernt. Hierbei handelt es sich um ein NATO-Hauptquartier für Landoperationen, das innerhalb von 20 Tagen vollständig einsatzbereit sein kann. Das Personal, bestehend aus mehr als 400 Militärangehörigen und Zivilisten, stammt hauptsächlich aus den Niederlanden und Deutschland.

Zurück in Münsters Innenstadt befindet sich rechts vom Friedenssaal das Konsulat der Niederlande. Die diplomatische Vertretung kümmert sich um die Förderung niederländischer Interessen in Deutschland, kulturelle Angelegenheiten und Pressekontakte. Und neben dem Konsulat verraten die Gouda-Käselaibe im Schaufenster von Cheese & More by Henri Willig, dass hier ein urholländisches Unternehmen zu Hause ist. Henri Willig stellt seit 1974 Käse in allen Formen und Größen her und ist seit 2019 auch in Deutschland aktiv. Nicht weit von hier befindet sich Rituals, ein Wellness-Laden voller Hautpflegeprodukte, seien es Duschgels, Peelings oder Parfums. Und obwohl der Name etwas anderes vermuten lässt, ist Rituals durch und durch niederländisch. Deutschland ist ein wichtiger Wachstumsmarkt für die Kosmetikmarke, und das gilt auch für Dille & Kamille, ebenfalls mitten im Zentrum von Münster, am Roggenmarkt. Das 1974 in Utrecht gegründete Haushalts- und Kochgeschäft setzt auf Nachhaltigkeit und ist bei deutschen Verbrauchern beliebt. Niederländische Spuren in Münster – man begegnet ihnen überall, an überraschenden Orten. Ein Grund mehr, die Stadt auch außerhalb der Weihnachtszeit zu besuchen!

Aus dem Niederländischen von Christian Happ.